Das am Golf von Mexiko gelegene, indigene Städtchen Papantla im Norden Veracruz‘ ist besonders bekannt für den Vanilleanbau. Das tropische Klima, die Nähe zur Küste und das bergige Umland bieten optimale Wohlfühlatmosphäre für die Vanille-Orchidee. Schon die Totonaken wussten einige Legenden um diese besondere Pflanze zu erzählen.
Neben der Vanille ist die Region auch berühmt für ihre Orangen, die „Voladores de Papantla“, die imposante Ruinenstätte Tajín, die Strände sowie für die Leidenschaft zur Totonakakultur, die man in jedem Winkel spüren kann.
Kaum einer weiß, dass die Vanille ursprünglich aus Mexiko kommt.
Die meisten denken bei Vanille an die Bourbon-Vanille, die aus den Anbaugebieten Madagaskar, La Réunion oder den Komoren stammt. Die Original Vanille kommt jedoch aus Veracruz in Mexiko und wurde nach der Eroberung der Spanier im 16. Jahrhundert nach Europa exportiert. Besonders die Franzosen liebten die Vanille und machten sie in Afrika heimisch. Rund 70 Prozent der nach Europa exportierten Vanille kommt heute aus Madagaskar.
Aus Mexiko stammt lediglich rund ein Prozent. Im Ökopark Xanath („Xanath“ bedeutet „Blüte“ auf totonakisch), der von José Luis Hernández Decuir betrieben wird, kannst du die ursprünglichste und feinste Art der Vanille aus Mexiko kennenlernen. Auf rund 22 Hektar inmitten des tropischen Regenwalds rundum Papantla wächst die Vanille im Einklang mit der Natur. Die Blüten werden hier auf ganz natürliche Weise von den Melipona-Bienen befruchtet und einmal im Jahr per Hand geerntet. Für José Luis ist das Kultivieren des zweitteuerstes Gewürzes der Welt eine Art Kunst, die nur mit viel Leidenschaft und Liebe zur Pflanze funktionieren kann. Genau das spürst du in seinem Ökopark, in dem er ohne Elektrizität und Internet lebt. Für 200 Pesos (rund 9 Euro) pro Nacht kannst du hier campen, der Melodie des Dschungels lauschen und dich von José Luis‘ Leidenschaft zur Vanille anstecken lassen.
Neben dem Ökopark Xanath gibt es noch weitere traditionelle Vanille-Farmer in Papantla. So zum Beispiel im „Municipio de Cuyuxquihui“. Schon die Fahrt dorthin über unzählige Orangenplantagen, saftig grüne Täler und kleine Dörfer, in denen die Zeit stehen geblieben scheint, lohnt sich. Hier werden die Blüten allerdings per Hand befruchtet. Anstatt man sich auf die Bienen verlässt, greift der Mensch manuell in den Bestäubungsprozess ein. Josés Ökopark ist der einzige weltweit, in dem die Vanille durch die Bienen bestäubt wird.
Besonders interessant ist auch ein Besuch beim größten Vanille-Produzent und -Exporteuer Mexikos, „Vanilla & Spices“ (Gaya). Bei der einstündigen Führung durch das Unternehmen (100 Pesos – ca. vier Euro) erfährst du alles über den Anbau, die Ernte, den industriellen Trocknungsprozess im Ofen sowie den Export. Im angeschlossenen Laden kannst du feinste Produkte aus Vanille wie Likör, Eis und Extrakte kaufen. Ich empfehle dringendst, dort ein Vanilleeis zu probieren. Der Geschmack ist ein echtes Erlebnis und in keinster Weise vergleichbar mit der industriellen Vanille-Kopie, die in den meisten Supermarktprodukten verwendet wird.
In Papantla wird die Geschichte der Totonaken wiederbelebt.
In Mexiko leben noch über 280.000 Menschen, die totonakisch sprechen. Die Totonaken waren eine Hochkultur in Mesoamerika, die um 800 n.Chr. ihren Höhepunkt erreichte. Sie kamen aus den Berggebieten Pueblas und breiteten sich bis zur Golfküste aus. In Papantla bezeichnen sich noch heute 80 Prozent der Einwohner als Totonaken.
Das spiegelt sich auch im Stadtbild wieder. So begegnest du in Papantla ständig Skulpturen und Denkmälern, die an die Zeit der Totonaken und ihre Pyramiden erinnern.
Im Ökopark Xanath kannst du neben Vanille auch das einstige Leben der Totonaken kennenlernen. José Luis spricht selbst totonakisch und hat in seinem Park ein original Totonakahaus mit Temazcal (heilendes Dampfbad) und Bienenhaus nachgebaut.
Auch kulinarisch kommt man an den Totonaken in Papantla nicht vorbei. Ein besonders empfehlenswertes Restaurant für authetische Küche ist NaKú („Nakú“ bedeutet „Herz“ auf totonakisch) , etwas abseits vom Stadtzentrum. Hier gibt es neben Tortillas mit Kürbiskernen, Fisch- und Hähnchengerichten mit Vanillesoße auch traditionelles totonakisches Bier. An den Wochenenden finden zudem diverse Workshops und Veranstaltungen rund um die Traditionen der Totonaken statt.
Eine ganz besondere Erfahrung ist ein traditionelles Temazcal (heilendes Dampfbad) mit anschließender Massage, basierend auf totonakischem Medizinwissen (Adresse: Calle Tuxpan No. 324, Col. Anáhuac, C.P. 93419). Diesen Ort allerdings zu finden, ist etwas schwierig, denn der Temazcal befindet sich auf dem Dach eines ganz normalen Familienhauses. Man muss also zunächst durch das etwas chaotische Haus durch und wird von der ganzen Familie in Empfang genommen. Das Familienoberhaupt Antonio ist ein gefragter Mann im Bereich der alternativen Medizin. Je nach seelischen und körperlichen Beschwerden kennt er die passende Behandlung. Zudem fertigt er auch selbst diverse Wässerchen und Tinkturen an, die du dort käuflich erwerben kannst.
Ohne den „Danza de Voladores“ wäre die Erde Veracruz‘ wohl nicht so fruchtbar…
An den „Voladores de Papantla“, die sich mit waghalsigen Manövern kopfüber an einem Seil hängend um einen 30 Meter hohen Pfahl drehen (ohne jegliche Sicherheitsausrüstung versteht sich!), kommt man in den Touristengebieten Mexikos kaum vorbei. Dieses Spektakel aber in Papantla zu erleben, wo die artistische Tradition ihren Ursprung hat, ist besonders beeindruckend. Hier kann man die fliegenden Tänzer mehrmals täglich vor der „Capilla del Cristo Rey“ bewundern.
Mit dem rund 1.000 Jahre alten Ritual der „Voladores de Papantla“ wird den Göttern der Fruchtbarkeit geehrt. Seit 2009 hat die UNESCO den Fliegertanz als immaterielles Kulturerbe anerkannt.
Auch an prähistorischen Ruinen mangelt es in Veracruz nicht.
Die bekannteste ist El Tajín, nur wenige Kilometer von Papantla entfernt. Hier erwartet dich nicht nur eine Pyramide, sondern gleich eine ganze Stadt aus mehreren pyramidenförmigen Tempeln. Zwei Stunden solltest du für diesen Besuch mindestens einplanen, wenn du alles sehen möchtest. Der Eintrittspreis liegt bei 70 Pesos (rund drei Euro). El Tajín war das Kulturzentrum der Totonaken und erlebte zwischen 600 und 900 n.Chr. seine Blütezeit. Um 1230 wurde es aufgegeben und erst 1785 zufällig von einem Spanier wiederentdeckt. Das Besondere an El Tajín ist die Bauweise der Gebäude, an denen sich Reihen aus rechteckigen Nischen befinden, 17 Ballspielplätze und Skulpturen, die Menschenopfer in Verbindung mit den Ballspielen zeigen.
Eine kleinere und recht unbekannte Ruinenstätte inmitten des Dschungels von Veracruz ist Cuyuxquihui, rund 30 Kilometer südlich von Papantla. Sie besteht aus vier Pyramidentempeln und einem Ballspielplatz. Der Eintritt liegt bei 50 Pesos (ca. zwei Euro).
Etwas weiter weg, ca. drei Autostunden von Papantla entfernt, an der Küste zum Golf von Mexiko liegt Quiahuiztlán (Key-ah-wheezt-lan). Das Besondere dieser kleinen Ruinenstädte ist ihre Hanglage mit atemberaubenden Blick aufs Meer. Dieser Ort galt rituellen Zwecken und besteht aus Gräbern, über denen Tempel im Miniaturformat errichtet wurden.
In weniger als einer Stunde bist du direkt am Meer in Teculutla.
Von Papantla aus führt der schnellste Weg ans Meer zum Golf von Mexiko nach Tecolutla, einem der beliebtesten Ferienorte in Veracruz. Der Sand ist hier schön weich und goldig und an Restaurants in Strandnähe fehlt es auch nicht. Nur die unzähligen Händler, die dir neben Klamotten und Schmuck auch Meeresfrüchte verkaufen wollen, machen das Sonnenbad etwas unentspannt. Wenn dich das stört, dann solltest du Besuche an Wochenenden und Feiertagen vermeiden.
Die Punta Villa Rica und Umgebung, die sich südlich von Papantla entlang der Küste Veracruz erstreckt, ist recht rau und unerschlossen. Lohnenswerte Ziele sind zum Beispiel das Fischerdorf „Villa Rica“, die felsige Landzunge „Cerro de la Cantera“, der einsame Strand „Playa Lechuguillas“, den auch die Schildkröten jede Nacht zum Nisten nutzen (Unterkunftstipp: Ökocabañas Mandumed Granja) und natürlich die bereits beschriebene Ruinenstädte „Quiahuiztlán“.
Was gibt es sonst noch zu beachten?
Die Anfahrt per Bus ist kein Problem. Von Mexiko City (Terminal Norte) aus braucht man rund fünf Stunden mit dem ADO und bezahlt etwa 350 Pesos (rund 15 Euro) pro Strecke. Von Veracruz sind es knapp vier Stunden Busfahrt nach Papantla für rund 300 Pesos (13 Euro).
Bei der Anreise mit dem Auto gilt besondere Vorsicht in den Morgenstunden, denn auf manchen Streckenabschnitten kommt es regelmäßig zu extrem dichten Nebel, der vielfach Unfälle verursacht. Aber keine Sorge, einer Legende nach fahren die Seelen der einst Verunfallten stets im Auto mit und beschützen dich….
Aufgrund des tropischen Klimas und der Nähe zum Meer packst du am besten Regenjacke und Sonnenschutz ein. Bei unserer Ankunft im Ökopark Xanath hat es fast durchgängig zwei Tage bei Temperaturen um die 15 Grad geregnet. Danach klarte es auf und die Temperaturen kletterten auf 35 Grad. Hier ist also alles möglich!
Vor Ort kommt man günstig mit dem Taxi von A nach B. Öffentliche Verkehrsmittel werden in Papantla durch Taxis ersetzt. Es wird nicht vorkommen, dass du kein Taxi im richtigen Moment findest, denn die Taxidichte in Papantla ist bemerkenswert….
Willst du durch Veracruz reisen, ist es definitiv von Vorteil, Spanisch zu sprechen. Selbst in der Touristinformation Papantlas ist es schwer, auf Englisch zu kommunizieren.
Falls mal jemand fragt, weißt du jetzt, dass die echte Vanille aus Mexiko kommt…
2 comments
Hi Katrin, der Hammer! Ich wusste gar nicht, dass die Vanille ursprünglich aus Mexiko stammt. Super Artikel, ich wäre auch gern bei der Führung dabei gewesen… Und jetzt habe ich Lust auf Vanille. Liebe Grüße, Jacqui
Vielen lieben Dank Jacqui <3 Ja, wir haben in den paar Tagen auch extrem viel gelernt, nicht nur über Vanille, auch über die Totonaken. Wenn du irgendwann mal nach Mexiko kommst, dann zeig ich dir Papantla und den besten Likör, den du je getrunken hast 😉 Liebste Grüße!