Der mexikanische Bundesstaat Oaxaca ist weltweit bekannt für sein vielfältiges Kunsthandwerk. Die Dörfer rund um die gleichnamige Hauptstadt widmen sich der Handarbeit. Jedes Dorf hat sich dabei auf eine andere Fertigkeit spezialisiert. Insbesondere Textilien, Tonarbeit und die aus Holz gefertigten, farbenfrohen Fantasiewesen, die sogenannten Alebrijes sind weit über die Grenzen Mexikos bekannt.
Die Töpferei hat eine sehr lange Tradition in ganz Mexiko. Tonarbeit aus Oaxaca ist aber ganz besonders beliebt und steht für hohe Qualität. Neben dem berühmten barro negro (schwarzer Ton) werden in den Dörfern rund um Oaxaca City auch barro verde (grüner Ton) und barro rojo (roter Ton) hergestellt.
Der folgende Artikel beschäftigt sich mit dem Barro negro aus San Bartolo Coyotepec, einem kleinen Städtchen ca. 12 Kilometer von Oaxaca City entfernt. Die meisten Familien hier leben vom Geschäft mit der schwarzen Keramik.
Was ist Barro Negro?
Als Barro negro werden Vasen, Figuren und Geschirr aus schwarzem Ton bezeichnet. Dieser schwarze Ton ist dabei typisch für das Städtchen San Bartolo Coyotepec in Oaxaca, wo der dafür benötigte Lehm aus dem Gestein einer stillgelegten Mine etwa drei Kilometer von San Bartolo Coyotepec entfernt, gewonnen wird.
Figuren aus schwarzem Ton werden in Oaxaca bereits seit Jahrhunderten hergestellt. Schon die Zapoteken und Mixteken in der Tempelstätte Monte Albán nutzten Gefäße aus Barro negro.
Zu besonders großem Ruhm brachte es die Tonarbeit aus Oaxaca allerdings erst in den 50er Jahren, als die Töpferin Doña Rosa eine Technik entdeckte, die den Ton nach dem Brennen schwarz glänzen ließ. Dafür müssen die Tonwaren vor dem Brennen poliert und dann nicht länger als zehn Stunden im Ofen gebrannt werden. Vor dieser bahnbrechenden Entdeckung war die Töpferware nur in einem matten Grau bekannt.
Heute stellen so gut wie alle Familien nach der Technik Doña Rosas her. Die schwarz glänzende Oberfläche lässt die Tonwaren ganz besonders elegant und edel wirken. So steht heute vor allem der dekorative Gebrauch der Keramik im Vordergrund.
Eine neue Generation von Kunsthandwerkern, darunter die Kooperative Colectivo 1050°, besinnt sich jedoch wieder mehr auf die Wurzeln der schwarzen Töpferkunst als Gebrauchsgegenstand. Ein Besuch in ihrem Shop im Zentrum lohnt sich!
Wie wird Barro Negro hergestellt?
Wir hatten die große Ehre, die Werkstatt von „Elpidio Mateos Cruz“ in San Bartolo Coyotepec kennenzulernen und uns die einzelnen Prozesse zeigen zu lassen.
Doña Teresita Andres Castillo führte uns durch ihre kleine Werkstatt im Hinterhof ihres Hauses und beantwortete geduldig all unsere Fragen. Sie managt den traditionsreichen Familienbetrieb, der aus zehn Mitgliedern besteht. Versand, Buchhaltung, Kundengespräche, eMails und Telefonate beantworten, all das ist ihr Part. Daneben legt sie auch selbst gern Hand an und ist vor allem für den Feinschliff der Tonwaren verantwortlich. Ist die Auftragslage mal besonders groß, arbeitet sie mit anderen Familien aus dem Dorf zusammen.
Der Lehm, aus dem die Tonwaren gemacht sind, wird direkt aus der Region rund um San Bartolo Coyotepec gewonnen. Der frische Lehm wird dann in Gussformen gegossen und für einige Tage an der Luft getrocknet. Bestimmte Produkte werden auch komplett per Hand aus der Grundmasse modelliert, ganz ohne Gussform.
Wie lange der Trocknungsprozess dauert, hängt von der Jahreszeit ab. Je feuchter die Luft sowie der Lehm, desto mehr Zeit muss eingeplant werden. Sobald der Lehm angehärtet ist und die Tonwaren aus der Form genommen werden können, erfolgt die Individualisierung der Produkte. Per Hand werden Muster ausgeschnitten sowie Verzierungen und Schriftzüge eingeritzt.
Damit die Tonwaren am Ende schwarz glänzen, müssen sie vor dem Brennen ausgiebig mit Quarz poliert werden. Werden sie nicht poliert, bleibt die Oberfläche matt. Da es vor allem der Glanz ist, der das Barro Negro so edel und stilvoll wirken lässt, ist dieses Finish besonders gefragt.
Sind die Tonwaren soweit fertig geritzt, geschnitzt und poliert, geht es ab in den Ofen. Je nach gewünschtem Endergbnis, wird der Ton neun bis 14 Stunden gebrannt. Die Dauer des Brennprozesses bestimmt dabei die Farbe der Keramik. Damit die schwarz glänzende Optik erreicht wird, müssen die Tonwaren rund zehn Stunden im Ofen bei 700 bis 800 Grad verweilen.
Was mich am Barro Negro besonders begeistert, ist das natürliche Herstellungsverfahren, was jedes Objekt zu einem aufwendig und mit viel Liebe gefertigten Einzelstück macht. Noch heute wird der schwarze Ton aus Oaxaca genau so hergestellt (bis auf ein paar Details) wie schon vor Jahrhunderten. Alle verwendeten Materialien entstammen dabei der Natur, ganz nach den Grundsätzen indigener Kulturen: Mutter Erde hält alles bereit, was zum Leben notwendig ist!
Falls du auch gern mehr über den Herstellungsprozess der schwarzen Keramik wissen möchtest, dann sprich die Verkäufer/innen im „Mercado de Artesanias“ in San Bartolo Coyotepec einfach an. Die Familien freuen sich, dir ihre Werkstatt zu zeigen!
Con mucho amor,
Hol dir meinen Oaxaca City Guide in Form meiner persönlichen Google Maps Liste und erkunde Oaxaca wie ein Local! Neben Barro negro Familien-Werkstätten in Coyotepec findest du jede Menge weitere Kunsthandwerkerfamilien in den Dörfern rund um Oaxaca Stadt.
4 comments
Mal wieder ein informativer Artikel. Mit Herz und Seele. Sehr spannend.
Vielen lieben Dank <3
Endlich weiss ich etwas über die Herkunft des schwarzen Tons: San Bartolo Coyotepec in Mexiko.
Freut mich sehr, dass mein Artikel so hilfreich ist 🙂
Liebe Grüße aus Oaxaca,
Katrin