In diesem Gastbeitrag wirst du Hannah von marriedtoammexican.blog kennenlernen. Sie ist, wie ich, mit einem Mexikaner verheiratet und wohnt in Querétaro. Da ich dir ihre Geschichte nicht vorenthalten will, habe ich sie um einen Gastbeitrag gebeten, in dem sie vom ersten Kennenlernen bis hin zur Ehe mit Gus erzählt. Falls du noch mehr über sie wissen willst, dann schau einfach auf ihrem Blog vorbei. Dort beschreibt sie auf Spanisch, Englisch und Deutsch ihr Leben mit Gus und der mexikanischen Kultur!
Mein Name ist Hannah, ich bin 26 Jahre alt und möchte dir heute erzählen, wie ich als junge Frau nach Mexiko komme.
Ein Au-Pair-Aufenthalt führte mich nach Mexiko.
Als ich 2011 mein Abitur gemacht hatte, war mein Plan, für ein Jahr als Au-Pair nach Mexiko zu gehen. Ich wollte Spanisch lernen und mal eine andere Welt auβer Europa “richtig” kennenlernen. Ursprünglich wollte ich nur nach Lateinamerika und das Land war mir eigentlich egal, aber in Mexiko, genauer in Querétaro, fand ich eine passende Au-Pair Familie. Ich wollte ein Jahr bleiben und dann in Deutschland Theologie studieren, soweit die Theorie. In Mexiko geschahen dann drei wichtige Dinge: Ich merkte, wie sehr mir das Land und das Leben hier im Gegensatz zum “strengen” und “geregelten” Deutschland gefiel. Ich wollte nicht mehr Theologie studieren, wusste aber auch nicht, was ich stattdessen studieren sollte. Und das Wichtigste: Ich lernte meinen Freund kennen. Wir trafen uns in einer Sprachschule, in der ich Spanischunterricht nahm und mit Englisch und Deutsch aushalf. Gus wollte im Zuge einer anstehenden Reise in die USA sein Englisch aufpolieren und vor allem eine Möglichkeit, Englisch zu sprechen, also hatten wir ca. zwei Monate lang Conversational Classes. In dieser Zeit freundeten wir uns an und als er dann von seiner Reise zurückkam, begann aus der Freundschaft mehr zu werden. Als wir schließlich an einem Wochenende Anfang Februar zusammen in seinen Heimatort fuhren und wir uns dort näher kamen, sagte ich ihm als vernünftigdenkende, aufgeschlossene Deutsche gleich, dass ich nicht seine Freundin sein wolle, weil ich wusste, dass ich wenige Monate später nach Deutschland zurückkehren würde und daher eigentlich keine Beziehung wollte. Ja, was soll ich euch sagen – zwei Wochen später waren wir ein Paar und nach einer weiteren Woche zog ich kurzerhand bei Gus in der WG ein (das ergab sich so wegen meiner Gastfamilie). Ja, wir wissen, dass das auch völlig schiefgehen hätte können. Bezüglich meiner anfänglichen Bedenken gegenüber einer Beziehung beschlossen wir einfach, nicht an die Zukunft zu denken und die gemeinsame Zeit zu genießen.
Als mein Au-Pair Jahr dann im Sommer 2012 endete, waren wir gerade mal vier Monate zusammen und wussten nicht, wie es weitergehen würde, wann und ob wir uns wiedersehen würden. Ich erinnere mich noch gut an meine Gefühle in dem Moment, als ich mich auf den Heimflug machte und das Flugzeug in Mexico City abhob: Alles in mir wollte hier in Mexiko bleiben. Ich merkte, wie ich innerlich schrie und nicht wieder zurück nach Deutschland wollte, weil ich spürte, dass mein Platz hier war. Ich hätte aus dem Flieger springen können…
Wieder zurück in Deutschland änderten sich meine Pläne.
Als ich dann wenige Stunden später wieder in Deutschland ankam, war die Wiedersehensfreude mit meiner Familie fast genau so groß wie die Trauer, die ich zuvor beim Abschied von Gus erlebt hatte – was für eine Gefühlsachterbahn! Wenn du schon mal mehrere Monate im Ausland warst, kennst du sicher dieses „Nichts“ des Fluges, was zwischen zwei so emotionalen Momenten steht: Dem Abschied Zuhause und dem ungewissen Neuen oder dem Abschied in der Ferne und dem Wiedersehen Zuhause. Damals wusste ich nicht, dass Gus und ich noch zu Experten dieser Art von Abschieden und Wiedersehen werden würden.
Sobald ich also wieder in Deutschland war, nahm ich mir vor, mit meinen Eltern zu sprechen. Ich erklärte ihnen, dass ich sehr gerne nochmal nach Mexiko gehen würde um dort zu sehen, wie es mit unserer Beziehung weitergeht und mir in Ruhe zu überlegen, was ich studieren wollte, denn zu dem Zeitpunkt waren es nur noch wenige Wochen bis zu den Bewerbungsschlüssen der Universitäten und das reichte mir absolut nicht aus, um eine so wichtige Entscheidung zu treffen. Dass mein aufgeschlossener Papa damit kein Problem haben würde, war mir sofort klar, aber auch meine bodenständige Mama überraschte mich positiv als sie der Idee zustimmte. Ein Stein fiel mir vom Herzen und die Vorfreude auf ein Wiedersehen mit Gus begann sofort. Jeden Tag streichte ich einen Tag bis zum Wiedersehen mit Gus in meinem Kalender und kehrte nach wenigen Monaten nach Mexiko zurück.
Um sicher zu gehen, reiste ich ein zweites mal nach Mexiko.
Diesmal war ich zwar nur ein paar Monate da, aber im Nachhinein denke ich, dass diese Zeit ungeheuer wichtig war um unsere Beziehung zu festigen, denn im Anschluss daran begann die Zeit der Fernbeziehung. Nachdem Gus mich im nächsten Sommer besuchte, meine Familie und Heimat kennenlernte und das erste Mal in Europa war, begannen wir beide mit dem Studium. Er in Querétaro und ich in Deutschland, denn ich wollte auf keinen Fall den akademischen Wert, die Wahlmöglichkeiten und die finanziellen Vorteile eines deutschen Studiums verschmähen. Außerdem hatte ich schon lange davon geträumt, zu studieren und wollte diesen Traum nicht wegen meines mexikanischen Freundes aufgeben. So vergingen die nächsten drei Jahre für uns als Fernbeziehung. Wir sahen uns im Schnitt alle sechs Monate und verbrachten dann immer eine sehr intensive Zeit miteinander, die immer eine kleine oder große Reise enthielt. Wenn wir uns sahen, machten wir einfach alles zusammen und trennten uns buchstäblich nur, um auf die Toilette zu gehen.
Drei Jahre Fernbeziehung waren nicht immer leicht.
Diese Zeit der Fernbeziehung war nicht immer leicht, weil wir uns wirklich manchmal furchtbar vermissten und wir außerdem viel Skepsis begegneten. Ich hörte: „Ein Mexikaner? Will der dich auch nicht ausnutzen und nur nach Deutschland kommen?“ Und Gus bekam Kommentare zu hören wie: „Eine Freundin in Deutschland? Soweit weg? Dann seid ihr euch doch bestimmt nicht treu, oder?“ Ich gebe zu, eine Fernbeziehung ist eine Herausforderung und bestimmt nicht für jeden das Richtige. Für uns war es immer wichtig zu wissen, dass es nicht für ewig so weitergehen würde sondern „nur“ für drei Jahre. Und ich kann euch sagen, dass die Fernbeziehung es absolut wert ist, wenn es um „den/ die Richtige/n“ geht.
Im Wintersemester 2015/16 war in meinem Studium ein Auslandssemester vorgesehen. Natürlich dachte alle Welt, dass ich dieses in Mexiko machen würde, aber das war ein Irrtum. Vielmehr wollte ich diese Gelegenheit nutzen, um ein neues Land kennenzulernen und mein Portugiesisch zu verbessern, denn ich wusste damals schon, dass ich dank Gus vermutlich für den Rest meines Lebens mit Spanisch zu tun haben werde. Also ging ich nach Brasilien. Am Ende des Semesters kam Gus mich dort besuchen und gemeinsam reisten wir ein wenig durch Brasilien. An den Wasserfällen von Iguazú, an diesem traumhaften Ort, fragte Gus mich dann, ob ich ihn heiraten wolle. Natürlich sagte ich sofort ja!
Im April 2017 heirateten wir in Querétaro.
Knapp eineinhalb Jahre später, im April 2017 heirateten wir dann in Querétaro. Wir überlegten lange, wo und wie wir heiraten wollten, schließlich war die Entscheidung nicht so einfach wie bei deutschen Paaren. Wir mussten unsere Familien, die Papiere, das Wetter und die Kosten bedenken. Schließlich entschieden wir uns für Mexiko. Es sollte eine große Feier mit unseren beiden Familien geben, denn wenn sie sich zu diesem Anlass nicht kennenlernten, wann dann?! Was für ein toller Tag und eine schöne Feier!
Ja, und nun sind wir bald ein Jahr verheiratet und denken noch lange nicht ans „sesshaft werden“. Derzeit leben wir in Mexiko, demnächst wollen wir für zwei Jahre nach Deutschland gehen und danach schauen wir mal, wohin uns der Weg führt….