Noch vor zwei Jahren war ich überzeugter Single und habe nicht wirklich an das konventionelle Beziehungsmodell geglaubt. Natürlich hatte ich auch einige Beziehungen, aber nichts wirklich Ernstes mit Zusammenwohnen usw. Beziehungen, die über eine Zeit von 1,5 Jahren hinausreichten, konnte ich bis zu meinem 30 Lebensjahr nicht vorweisen.
Der Entschluss, nach Mexiko auszuwandern und dort einen Mann zu heiraten, mit dem ich zuvor nicht mehr als 17 Tage physisch zusammen verbracht habe, hat alles verändert und lässt mich heute aus einer ganz anderen Perspektive auf das Thema Partnerschaft blicken….
Warum musste so viel Zeit vergehen, damit ich beim Thema Partnerwahl eine Entscheidung treffen konnte?
Ich denke, die Frage ist recht leicht zu beantworten. Ich war einfach nicht bereit, um wichtige Entscheidungen im Leben mit jemandem zusammen zu treffen, ich musste mich erst selbst finden.
Wahrscheinlich habe ich mich zuvor nie richtig geöffnet, um stets eine gewisse Distanz zu wahren. Die Tür für gemeinsame Zukunftspläne blieb so von Anfang an verschlossen. Sobald ich eine neue Beziehung einging, kam ständig die Frage auf, ob ich nicht noch jemand “besseren” finden kann, keiner war gut genug. Außerdem wurde mir immer recht schnell langweilig mit ein und der selben Person. Vermutlich habe ich mir auch unterbewusst immer diejenigen Männer ausgesucht, die sowieso nicht zu mir und meinen Lebensplänen passen, damit auch ja nichts Ernsthaftes daraus entstehen kann.
Ich wollte nicht in ein Leben “reinrutschen”, was mich langfristig an einen festen Wohnort bindet, was einen gemeinsamen Urlaub im Jahr mit meinem Partner beinhaltet, der sonst gestresst von seinem Bürojob nach Hause kommt. Ich wollte meinen Wohnort nicht davon abhängig machen, wo ich Arbeit finde, ich wollte was ganz anderes, was mit mehr Abenteuer. Und natürlich kann es nicht ein Mann in deinem Leben sein, der dir die Langeweile nimmt, das kannst nur du selbst.
So kam es also, dass meine Kurzzeitbeziehungen eher eine Art Zeitvertreib blieben, da sie bereits im Vorfeld zum Scheitern verurteilt waren. Mich hat es viel Zeit gekostet zu verstehen, dass es die Zukunftsaussichten waren, die mich vor einer festen Bindung abschreckten. Jeder redete nur von Karriere, Eigenheim, Kinder und Urlauben. Was man sich eben so wünscht. Nur mir war diese Vorstellung zu langweilig. Ich wollte schon immer raus in die Welt und frei sein…
Warum mir die Entscheidung dann plötzlich so leicht fiel.
Nachdem ich zwei Monate in Mexiko verbrachte und zum ersten Mal so ein richtiges Gefühl von absoluter Freiheit spürte, war klar, dass ich davon mehr will. Ich lernte während meiner Reise so viele Menschen mit den verschiedensten Lebensmodellen kennen, fernab von öder Büroarbeit. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie inspiriert und euphorisch ich aus diesem Urlaub wiederkehrte. Dass sich mein Leben bald radikal ändern würde, war mir zu diesem Zeitpunkt schon klar.
Mit Cesar habe ich in Mexiko zudem einen Mann kennengelernt, dem Freiheit mindestens genauso wichtig ist wie mir. Freiheit von gesellschaftlichen Konventionen, Freiheit vom Geld, Freiheit von limitierenden Glaubenssätzen.
Ein Mann, mit einer beeindruckenden Lebensgeschichte, aufgewachsen in Itzapalapa in Mexico City, im tiefsten Ghetto. Ein Mensch, der trotz vieler schrecklicher Erlebnisse und widriger Umstände schon so viel erreicht hat im Leben und so viel Liebe, Mut und Positivität ausstrahlt. Ja, mit seinen Ghettogeschichten hat er mich überzeugt, haha….
Je besser wir uns über Skype, Whatsapp und Telefon kennenlernten, umso schneller wurde klar, dass wir das Gleiche im Leben wollen. Freiheit und Unabhängigkeit. So schmiedeten wir schnell gemeinsame Zukunftspläne, die erst mich nach Mexiko brachten (vom Auswandern in ein sonnenverwöhntes Land hab ich schon immer geträumt!) und ihn hoffentlich bald aus seinem Büroalltag befreien. Wir arbeiten noch dran…
Jetzt leben wir schon seit neun Monaten zusammen und verbringen so gut wie jede freie Minute miteinander. Langeweile kann gar nicht aufkommen, da wir gemeinsam an unseren Projekten arbeiten. Vielleicht ist das der Schlüssel zu einer glücklichen Partnerschaft.
Sobald du weißt, wie dein Leben aussehen soll und du die ersten Schritte in diese Richtung gehst, wird der/die „Richtige“ kommen.
Bei mir war das mein 2-monatiges Backpacking-Abenteuer durch Mexiko, von dem ich schon Jahre vorher geträumt habe, mir aber schlichtweg der Mut zur Umsetzung fehlte. Als ich mich jedoch endlich traute, meinen ehemaligen Arbeitgeber nach einer unbezahlten Auszeit zu fragen und dann drei Monate später im Flieger Richtung Mexiko saß, kam eins zum anderen und die einzelnen Puzzleteile fügten sich zu einer klaren Vorstellung von einem Leben, was zu mir passt.
Es ist nicht nur der Partner an sich, für den du dich entscheidest. Vielmehr sind es Visionen, Möglichkeiten und Vorstellungen vom Leben, die Menschen zusammenbringen. Wenn du weißt, wie dein Leben aussehen soll und (mit kleinen Schritten) darauf hinarbeitest, ist es leicht, in Sachen Partnerwahl eine ernste Entscheidung zu treffen. Denn sobald der passende Mensch aufkreuzt, kannst du direkt all-in gehen.
Einen Menschen, der so gut zu mir passt wie Cesar, konnte ich nur kennenlernen, weil ich selbst das für mich einst große Risiko, zwei Monate allein ohne jegliche Solo-Backpack-Erfahrung durch Mexiko zu reisen, auf mich nahm.
Ich musste raus aus meinem öden Alltag aus sicherem Job und kurzfristiger Bespaßung auf Partys am Wochenende. Denn ich fühlte schon seit einiger Zeit eine gewisse Sinnlosigkeit in diesem Dasein…
Von der Mexiko-Reise alleine hat sich allerdings noch nicht so viel verändert, lediglich in meinem Kopf. Der zweite große Schritt war es dann, meinen Job zu kündigen, all meine Sachen zu verkaufen, nach Mexiko auszuwandern und auf mein Gefühl zu vertrauen. Zu dieser Zeit war das für mich alles ziemlich verrückt, aber heute das Logischste, was ich für mich und meine Glückseligkeit tun musste. Jetzt fühlt es sich so natürlich und normal an, in Mexiko zu leben, verheiratet zu sein und mich nicht nach einem Bürojob umzugucken.
Wenn du dich also fragst, warum “der Richtige” bzw. “die Richtige” deinen Weg bisher noch nicht kreuzte, dann liegt das vielleicht daran, dass du nach etwas suchst, was du selbst nicht repräsentiert. Du erhoffst dir Ausbruch aus deinem langweiligen Alltag mit einem aufregenden Partner, aber hängst fest in deinem sicheren Beamtenjob und besuchst immer die selben Bars mit den selben Leuten. Wie soll dich so der Freiheitskämpfer finden, der mit dir um die Welt reist und den im Leben nur die „wahren Werte“ interessieren? Der hält sich sicher ganz woanders auf…
Warum es sich lohnt, für die Liebe Risiken einzugehen.
Ich glaube, dass Liebe ohne Risiko gar nicht existiert und dass Nervenkitzel und Verliebtsein die gleichen Emotionen in uns auslösen. Gefühle, die uns beflügeln, uns aus der sicheren Komfortzone raus locken und verrückte Dinge tun lassen (siehe dazu auch der Artikel „Fast nur Chemie, warum uns Liebe verrückte Dinge tun lässt“ mit mir als Praxisbeispiel).
In Wirklichkeit ist es nicht die andere Person, die positive Gefühle in dir auslöst, das bist du selbst. Ein Partner gibt dir nur einen guten Grund, aus Liebe neue Dinge auszuprobieren und dir mehr zuzutrauen. Auf einmal sitzt du mit dem Auserwählten in der Seilbahn, obwohl du eigentlich extreme Höhenangst hast. Oder du verbringst das Wochenende im Zelt an der Ostsee, obwohl Campen eigentlich noch nie dein Ding war. Die Freude am Unbekannten, vielleicht ist es das, was Liebe so zauberhaft macht.
Nach jedem kleinen Schritt in Richtung Unbekannt und nach jeder neuen Herausforderung sind wir stolz auf uns, denn wir lernen unser Potential kennen. Ständig neue Herausforderungen und Veränderungen, das ist, was uns dauerhaft glücklich macht.
Früher fand ich es immer doof, wenn Freunde in neuen Beziehungen plötzlich „anders“ wurden und Dinge ausprobierten, die sie vorher hassten. Heute weiß ich, dass wir nur durch Veränderung persönlich wachsen können und dass es genau das ist, was Liebe ausmacht. Denn das Schöne ist, dass wir wirklich alles meistern können, wenn wir es einfach machen!
Es gibt im Leben wohl nichts Schöneres, als zu lieben und geliebt zu werden und das jeden Tag. Es ist erfüllend, gemeinsam an der Traumbeziehung zu arbeiten und mitzuerleben, wie du dich selbst und der Mensch, den du liebst, jeden Tag weiter entwickeln und für das Gelingen der Beziehung an sich arbeiteten.
Was ist für dich der Grund, in Sachen Partnerwahl eine Entscheidung zu treffen und all-in zu gehen? Ich freue mich über dein Kommentar!
Con mucho amor,
PS: Ich hab schon mehr als ein Buch zum Thema Bindungsangst gelesen und war fest davon überzeugt, dass ich davon betroffen bin. Ich bin davon ausgegangen, dass mich meine Angst, beim Thema Partnerwahl die falsche Entscheidung zu treffen, fest im Griff hat und dass ich diese wohl nie überwinden kann. Heute kommen mir diese Gedanken so unglaublich albern vor. Denn ICH habe es in der Hand, ob ich diese Ägnste überwinden kann oder nicht.
Sei also bitte immer vorsichtig mit derartigen Selbstdiagnosen, die von keinem Psychologen bestätigt wurden. Damit kannst du es dir leicht in der „Opferrolle“ bequem machen… Und nur weil du was anderes möchtest, als die Breite Masse, hast du noch lange kein psychisches Problem!
4 comments
Hi Katrin, bin gestern zufällig auf deinen Blog gestolpert und lese mich langsam ein. Auch, wenn ich dich nicht kenne, wollte ich dir einfach mal sagen, dass du sehr stolz auf dich sein kannst! Ich lebe zwar nicht in Mexiko, lebe aber mit einer Mexikanerin zusammen und war schon längere Zeit in Mexiko bei ihr und kenne also einige Dinge, die du täglich erlebst. Ob es nun der traditionelle Sonntag bei „Los Abuelitos“ ist oder das Straßenseite wechseln, weil merkwürdige Gestalten hinter einem herlaufen ;-)!
Ich wünsche euch alles Gute und du wirst mit Sicherheit noch einiges von mir in den Kommentaren lesen.
Viele Grüße
Nico
Hey Nico, vielen Dank für deine lieben Worte. Schön, dass es dich hier her verschlagen hat 🙂 Und wie witzig, dass du mit einer Mexikanerin zusammen bist. Aus welchem Teil Mexikos kommt sie denn?
Die Familie meines Mannes besteht eigentlich nur aus seiner Mutter, weshalb diese ganzen traditionellen Familienbesuche und fiestas für mich wegfallen, worüber ich ehrlich gesagt auch auch nicht traurig bin. Aber ja, beim Straßenseitewechseln geh ich mit 😉
Ich freu mich, bald wieder von dir zu lesen!
Liebe Grüße nach Deutschland und auch an deine Freundin!
Katrin
Meine Freundin kommt aus Pachuca, Hidalgo. Nicht weit von Pachuca ist Real del Monte, ein Pueblo Magico – ist auf jedenfall einen Ausflug wert. Wir werden nächstes Jahr wieder nach Mexiko reisen und unter anderem Familie besuchen. Ich möchte super gerne den CHEPE Tren nehmen von Los Mochis (Sinaloa) hoch bis Chihuahua. Wir haben einige Freunde (auch eine US-Amerikanerin, die der Liebe wegen nach Monclova ausgewandert ist und jetzt in Monterrey ein Medizinstudium draufsattelt) in Monclova, Monterrey, DF und Veracruz. Und nach Oaxaca möchte ich nächstes Jahr auch noch. Da hatte mir meine Freundin vor 2 Jahren noch abgeraten von wegen der Unruhen und Protesten der Lehrer. Wie ist das inzwischen eigentlich dort? Insgesamt war ich >3 Monate in Mexiko schon unterwegs, auch lange komplett alleine.
Viele Grüße
Ach wie cool, mit dem Zug durch die Barranca de Cobre steht auch ganz weit oben auf meiner Liste 🙂 Alles nördlich von Querétraro habe ich bisher leider noch nicht gesehen. Das Land ist einfach zu groß 😀
Also bezüglich der Proteste haben wir bisher nichts mitbekommen. Ich glaube das größte Problem sind Straßensperrungen, die die ganze Infrastruktur in Oaxaca City lahm legen. Soweit ich weiß sind die immmer im Juni. Sag gern Bescheid, wenn es euch nach Oaxaca verschlägt nächstes Jahr!
Viele liebe Grüße,
Katrin