Warum ausgerechnet Mexiko?
“Ist das nicht viel zu gefährlich? Und wie willst du denn DORT Geld verdienen? Denk doch mal an die Arbeitsbedingungen… Wenn es dir nur um das sonnige Wetter geht, dann wäre Australien doch besser!”
Sicherheit hat oberste Priorität in Deutschland
Ok, als Deutsche nach Mexiko auszuwandern, ist vielleicht nicht ganz so üblich, aber manche Reaktionen in meinem Umfeld sind kaum auszuhalten. Ja, ich bin mir den Vorzügen in Deutschland mit seinem Sozial- und Rechtssystem durchaus bewusst und natürlich werde ich in Mexiko mit einem „normalen“ Job weniger Geld verdienen, als ich es im Moment tue. Und ja, die Mexikaner haben nur sechs Tage bezahlten Urlaub im Jahr und das Thema Arbeitnehmerrechte wird alles andere als groß geschrieben. Und es wird auch nicht viele Mexikaner geben, die sich Gedanken um eine Haftpflicht- oder Zusatzkrankenversicherung machen.
Aber ist das wirklich alles?
Ich denke nicht! Zum einen gibt es neben der konventionellen Lohnarbeit noch diverse andere Möglichkeiten, an Geld zu kommen. Zum anderen habe ich in den zwei Monaten, die ich bereits in diesem wundervollen Land verbracht habe (natürlich war das nur Urlaub!), nichts vermisst. Ich gehörte auch nie zu denjenigen, die sich groß über Versicherungen (ich zahle lediglich seit sechs Jahren für eine private Haftpflichtversicherung, von der ich ein einziges Mal Gebrauch gemacht habe), Altersvorsorge oder Vorsorgeuntersuchungen Gedanken machen. Ich bin kein großer Fan davon, mich für einen gewissen Preis gegen alle möglichen Eventualitäten abzusichern. Dafür lebe ich viel zu sehr im Hier und Jetzt und habe keine Lust, von der Angst und dem Bedürfnis nach Sicherheit, mit dem in Deutschland sehr viel Geld verdient wird, mein Leben bestimmen zu lassen. Und wer glaubt in meiner Generation noch an die große Rente oder an ein Gesundheitssystem, in dem es vordergründig um das Wohl des Patienten geht? Übrigens belegt das Gesundheitssystem in Deutschland laut einer Studie der University of Washington in Seattle im internationalen Vergleich Rang 20, nach Spanien und Griechenland
Der Blick über den Tellerrand
Natürlich macht es mir etwas Angst, das wohlbehütete deutsche System, in dem einem nicht viel passieren kann, solange man sich an die Regeln hält, einfach so zu verlassen. Ich bin in diesem Regelwerk aufgewachsen und habe bis jetzt immer schön mitgespielt (Abitur, Studium, klassischer Bürojob). Aber mein Gefühl sagt mir, dass ich so nicht glücklich werde, ich möchte mein eigener Chef sein und ich möchte nicht noch tiefer in dieses Hamsterrad aus Lohnarbeit, Besitz und Konsum gezogen werden. Mit dem „30-Werden“ hat sich dieser Wunsch nochmal um einiges intensiviert. Ich wusste schon in meiner Jugend, dass ich mir ein Leben, wie meine Eltern es geführt haben, mit soliden Jobs, einem Haus auf dem Land, dem klassischen Jahresurlaub und zwei Autos, für mich nicht vorstellen kann.
Nur leider hatte ich all die Jahre nie wirklich eine Vorstellung über Alternativen zu diesem klassischen Lebensstil. Da meine Eltern in der DDR großgeworden sind, ich in einem kleinen Dorf im Thüringer Wald aufgewachsen bin und während meines Studiums in Jena weder internationale Leute kannte noch Freunde hatte, die ein Auslandssemester absolvierten, war es erst mein 2-monatiger Aufenthalt in Mexiko im Frühjahr 2016, der mir so viele neue Möglichkeiten aufgezeigt hat. Und erst jetzt habe ich einen Blick für all die Lebensstile und Menschen entwickelt, die ortsungebunden Geld verdienen oder zumindest Alternativen zum klassischen 9-to-5-Job leben. Und davon gibt es weit mehr, als ich es mir je hätte vorstellen können…