Oaxaca ist ein Mekka für Kunsthandwerk-Liebhaber aus aller Welt. Nicht ohne Grund wird Oaxaca auch als das „Herz Mexikos“ bezeichnet, denn noch heute werden hier viele Artikel des täglichen Gebrauchs auf traditionelle Weise per Hand, mit viel Liebe, Geschick und Know-How hergestellt.
Kunsthandwerk aus Oaxaca zeichnet sich vor allem durch die traditionellen Herstellungsverfahren aus, die teilweise schon vor hunderten von Jahren angewandt wurden. So kommen auch heute noch die meisten Herstellungsprozesse ohne Strom aus!
Die aufwendige Herstellung macht jedes Produkt zum Unikat. Oft stammen alle verwendeten Materialien aus der Natur, ganz nach den Grundsätzen indigener Kulturen: Mutter Erde hält alles bereit, was zum Leben notwendig ist!
Dieser Artikel gibt dir einen Überblick zum Kunsthandwerk aus Oaxaca. Wenn du die Familien hinter den Produkten kennenlernen willst, musst du aus Oaxaca Stadt rausfahren und die umliegenden Dörfer erkunden. Dazu mietest du dir am besten ein Auto, engagierst ein Taxi oder buchst eine Tour zu den verschiedenen Kunsthandwerksdörfern. Gerne bin ich dir bei der Planung behilflich.
Die wohl bekanntesten Handwerke (artesanias) sind Barro negro aus San Bartolo Coyotepec, Alebrijes aus Arrazola und San Martin Tilcajete; Teppiche aus Teotitlan und Blechkunst aus dem Stadtteil Xochimilco.
Fast alle der in diesem Artikel genannten Familien-Werkstätten kenne ich persönlich. So ist dieser Artikel das Resultat aus vielen Jahren Recherche, lehrreichen Gesprächen und magischen Begegnungen, für die ich sehr dankbar bin.
1. Keramik
Die Töpferei hat eine sehr lange Tradition in ganz Mexiko. Schon die alten Kulturen wie die Zapoteken und Mixteken hier in Oaxaca nutzen Tonwaren für den täglichen Gebrauch sowie als Grabbeigabe.
Tonarbeit aus Oaxaca ist ganz besonders beliebt und steht für hohe Qualität und Kreativität. Neben dem berühmten barro negro (schwarzer Ton) werden in den Dörfern rund um Oaxaca Stadt auch barro verde (grüner Ton) und barro rojo (roter Ton) hergestellt. Neben den klassischen Tonwaren, die du auf den Märkten findest, gibt es auch modernere Galerien, sowohl im Stadtzentrum, als auch in den jeweiligen Keramikdörfern.
Wichtig: Ein Großteil der Keramik, die du auf den Märkten findest, dient in der Regel nur zu dekorativen Zwecken, da bei der Herstellung oft Blei (plomo) eingesetzt wird.
1.1. Schwarzer Ton (Barro negro)
Als Barro negro werden dekorative Vasen, Figuren und Geschirr aus schwarzem Ton bezeichnet. Dieser schwarze Ton ist dabei typisch für das Städtchen San Bartolo Coyotepec, ca. 20 Minuten außerhalb von Oaxaca Stadt.
Zu besonders großem Ruhm brachte es die schwarze Tonarbeit aus Oaxaca in den 50er Jahren, als die Töpferin Doña Rosa eine Technik entdeckte, die den Ton nach dem Brennen schwarz glänzen ließ. Dafür müssen die Tonwaren vor dem Brennen poliert und dann nicht länger als zehn Stunden im Ofen gebrannt werden. Vor dieser bahnbrechenden Entdeckung war die Töpferware nur in einem matten Grau bekannt.
Heute stellen die meisten Familien nach der Technik Doña Rosas her. Die schwarz glänzende Oberfläche lässt die Tonwaren ganz besonders elegant und edel wirken. So steht heute vor allem der dekorative Gebrauch der Keramik im Vordergrund.
Besonders beliebt sind die schwarzen Totenschädel und die dekorativen Vasen und Schalen aus schwarzem Ton. Zur Herstellung werden heutzutage oft Gussformen verwendet und die Verzierung per Hand eingeritzt.
Sind die Stücke fertig modelliert und mit einem Quarzstein poliert, kommen sie für ca. 10 Stunden in ein mit Holz befeuertes Erdloch. Die Dauer des Brennvorgangs bestimmt dabei dir Farbe des Tons.
Detailliertere Infos zum Herstellungsprozess findest du im Artikel „Barro Negro – Das schwarze Gold aus Oaxaca„.
Eine neue Generation von Kunsthandwerkern, darunter die Kooperative Colectivo 1050°, geht weg vom dekorativen Gebrauch und besinnt sich wieder mehr auf die Wurzeln der schwarzen Töpferkunst als täglichen Gebrauchsgegenstand; ohne Blei und so nachhaltig wie möglich hergestellt. Ein Besuch in ihrem Shop im Zentrum lohnt sich!
Familien-Werkstätten/Talleres in San Bartolo Coyotepec:
1.2. Grüne/weiße/rote/orange Keramik
Ein weiterer wichtigier Ort für Tonarbeit aus Oaxaca ist das rund 30 Minuten von Oaxaca Stadt entfernte Santa María Atzompa, berühmt vor allem für grün glänzende Tonwaren. Etwa 90 Prozent der Einwohner widmen sich hier der Herstellung und dem Verkauf von Töpferwaren. Da der Trend aber wieder mehr zum Natürlichen geht, findest du in Atzopma jede Menge Keramik-Werkstätten, die auf die grüne Färbung verzichten.
Die Töpferei in Atzompa hat eine lange Tradition. In der gleichnamigen archäologischen Fundstätte wurden bereits graufarbene Vasen, Teller und Tonfiguren gefunden. Die Holzöfen sowie die Töpferscheiben, die heute von den Familien in Atzompa benutzt werden, sind in der Regel noch dieselben wie vor Hunderten von Jahren.
Aber wie werden aus den ursprüngich grauen Tonwaren nun die typisch grün-glänzenden Barro Verde Töpferwaren, die man oft in Form von Töpfen, Krügen und Tassen in mexikanischen Küchen findet?
Nach der ersten Brennung behalten die Tonwaren ihre natürliche gräuliche bis rötliche Farbe. Um die glänzende grüne Farbe zu erzeugen, erfolgt eine zweite Brennung mit Glausur, die während des Brennvorgangs härtet und verklebt und dem Ton die charakeristische grüne Färbung verleiht. Diese Glasur brachten die Spanier nach der Eroberung Mexikos nach Atzpompa.
Bis in die 90er Jahre enthielt diese Glasur Bleimonoxid, was durch die mehrfache Benutzung der Tonwaren beim Kochen in die Lebensmittel gelangte. So litten immer mehr Einwohner in Töpfergemeinden wie Atzompa an hohen Bleiwerten im Blut. Als Reaktion auf die Bleivergiftungsprobleme entwickelte die mexikanische Regierung in den 90ern eine bleifreie Glasur, die seither vorwiegend verwendet wird.
Um wirklich sicher zu gehen, dass die Töpferei mit einer Glasur ohne Blei (plomo) arbeitet, lass dir entsprechende Zertifikate zeigen.
Als Barro Blanco (weißer Ton) werden die Lampenschirme und Vasen mit der unverwechselbaren weiß/cremigen Beschichtung und den ungewöhnlichen Tiermotiven aus dem Töpferdorf Santa Maria Azompa bezeichnet.
Diese einzigartige und neuartige Färbetechnik ist ein Familiengeheimnis und darf nur von wenigen Kunsthandwerkern des Dorfes angewendet werden. Das Grundmaterial der originellen Lampen und Vasen ist Barro Rojo (roter Ton) aus der nahelegenenen Mine. Nachdem die Vasen per Hand geformt und die Motive ausgeschnitzt wurden, wird das geheimnisvolle Mineralpulver aufgetragen, was für die charakteristische Färbung nach dem Brennvorgang verantwortlich ist.
Wunderschönes Geschirr aus rotem Ton findest du in der Gemeinde San Marcos Tlapazola, etwas über eine Stunde von Oaxaca Stadt entfernt. Der Terrakotta-Stil Ton mit unterschiedlich intensiven Rottönen wird ausschließlich von Frauen hergestellt. Besonders bekannt sind ihre Comales, die flache Grillplatten, die zur Herstellung von Tortillas verwendet werden. Der eisenoxidreiche Lehm der Region gibt dem Ton seine rötliche Färbung.
Um die glatten Oberflächen zu erzeugen, werden die Tonwaren vor dem Brennen mit oft über Generationen vererbten Flusssteinen poliert.
Weniger bekannt, aber erwähnenswert ist der orangene Ton (barro naranja, oder alfarería mixe) aus dem kleinen Ort Santa María Tlahuitoltepec, gelegen in der Sierra Mixe, ca. 2,5 Stunden entfernt von Oaxaca Stadt. Besonders charakteristisch sind die Tonwaren aus dieser Region für ihren rustikalen Stil.
Familienwerkstätten/Talleres:
- Taller SeniLuna in Atzompa (barro blanco)
- Taller de Escultura y Cerámica Coatlicue in Atzompa (stylisches Geschirr wie Krüge, Tassen, Teller usw.)
- Voces del Barro Ceramica in Atzompa (artistische Tonfiguren)
- Mujeres del Barro Rojo in San Marcos Tlapazola (barro rojo)
- Alfarería Mixe in Santa María Tlahuitoltepec (barro naranja)
2. Textilien
Besonders berühmt ist Oaxaca für seine Textilien, wie zum Beispiel die Teppiche aus Teotitlan del Valle. Neben Teppichen werden auch Bettdecken und Gardinen am Webstuhl hergestellt, die du zum Beispiel in Mitla findest. Besonders typisch ist auch die traditionelle Kleidung Oaxacas. Jede der acht Regionen des Bundesstaates weist wieder andere Materialien, Schnitte und Stickereien auf, wozu ich einen extra Artikel schreiben werde.
In einigen Familienwebereien wird alles selbst hergestellt, vom Garn bis hin zum Webstuhl. Gerne öffnen dir die Familien ihre Türen und schenken dir Einblicke in den aufwendigen Herstellungsprozess ihrer Textilien und Teppiche. Traditionelle Designs und Techniken werden sorgfältig bewahrt und von Generation zu Generation weitergegeben.
Traditionell werden die Teppiche aus Teotitlan del Valle aus Wolle gewebt. Diese Wolle kommt oft direkt von einheimischen Schafherden.
Die Rohwolle wird gesponnen, gereinigt und gefärbt. Die Färbung erfolgt häufig mit natürlichen Materialien wie Pflanzenextrakten, Mineralien oder Insekten, um lebendige und traditionelle Farben zu erzeugen.
Als Nächstes wird der Webstuhl vorbereitet, indem die Kettfäden gespannt werden. Die Kettfäden bilden das Grundgerüst des Teppichs und werden auf dem Webstuhl fixiert.
Das Design besteht oft aus traditionellen Mustern, wie den berühmten „grecas“ Symbolen der lokalen archäologischen Stätten oder Tieren, Blumen und weiteren kulturellen Symbolen. Aber auch hier gibt es viele artesanos, die ihrer Kreativität freien Lauf lassen und moderne und einzigartige Designs entwerfen.
Die handgewebten Teppiche werden auf dem Webstuhl durch das Einbringen von Schussfäden erstellt. Der Teppichmacher verwendet spezielle Techniken, um das Muster genau umzusetzen. Der Prozess erfordert Präzision und Geduld, da die Muster oft komplex sind und eine hohe handwerkliche Geschicklichkeit erfordern. Die meisten haben schon als Kind mit dem Weben am Webstuhl angefangen.
Webereien in Teotitlan del Valle:
Weberein in Mitla:
3. Alebrijes
Seit dem Disney/Pixar-Film „Coco“ aus dem Jahr 2017 erfreuen sich die bunten Fantasietiere aus Oaxaca, die sogenannten Alebrijes, internationaler Beliebtheit. Vor allem die Japaner lieben die farbenfrohen Tierchen.
Die Geschichte der Alebrijes aus Holz begann im rund 14 Kilometer von Oaxaca City entfernten Dorf San Antonio Arrazola, wo heute etwa 70 Prozent der Familien von der Herstellung und dem Verkauf der fantasievoll gestalteten Figuren leben. Ein weiterer bekannter Ort für die Herstellung von Alebrijes ist San Martin Tilcajete, ca. 40 Minuten entfernt vom Zentrum Oaxaca Stadts.
Alebrijes werden in der Regel aus dem einheimischen Copal Holz hergestellt. Mit Machete und handelsüblichen Küchenmessern wird aus einem gewöhnlichen Stück Holz in kürzester Zeit eine fantasievolle Tierfigur geschnitzt.
Sobald die Figur lange genug in der Sonne getrocknet ist, wird sie mit Acrylfarben bemalt. Neben Pinsel werden dazu oft alltägliche Gegenstände wie Nägel, Schwämme oder Zahnstocher verwendet. Für Spezialanfertigungen können auch natürliche Farben aus heimischen Früchten, Mineralien und Insekten verwendet werden.
Detailliere Infos zur Geschichte sowie zum Herstellungsprozess der Alebrijes findest du im Artikel „Alebrijes aus Arrazola – Wo Träume Wirklichkeit werden„.
Familienwerkstätten:
- Taller de Alebrijes Armando Jimenez Casa Tlacuache in Arrazola
- Manuel Jimenez El Tallador De Sueños in Arrazola
- Jacobo & María Ángeles in San Martin Tilcajete
4. Blechkunst (hojalata)
Wer liebt sie nicht, die kultigen hojalata Weißblechherzen aus Mexiko! In Oaxaca findest du sie vor allem im Stadtteil Xochimilco, wo sich mehrere Familien dieser Tradition widmen.
Dieses authentische mexikanische Kunsthandwerk wird von Hand gestanzt und geschnitten und bunt bemalt.
Am bekanntesten sind die Blech-Herzen, die sog. milagros, die du zum Beispiel als Christbaumschmuck verwenden kannst. Auch Hojalata Wandspiegel oder Schatullen sind ein wunderschönes und praktisches Mitbringsel.
Zur Herstellung von „hojalata“ werden dünne Weißblech-Platten mit einer Schere zerschnitten. Oft werden dafür Schablonen verwendet. Nach dem Zuschnitt werden Präge- und Formgebungstechniken angewendet, um Textur und Tiefe zu erzeugen. Dies kann durch Drücken des Blechs mit speziellen Werkzeugen oder durch Hammerarbeit erfolgen. Jeder hojalata Künstler verfügt daher über ein Arsenal an verschiedenen Zangen, Hammern und Meißeln.
Als Nächstes werden die Figuren bemalt. Wobei einige Kunsthandwerker auch ganz auf Farbe verzichten und das Weißblech in seinem ursprünglichen Zustand belassen. Die kitschigen Farbtöne entstehen durch die traditionelle Verwendung von Anilinfarben, die von Hand gemischt werden.
Familienwerkstätten im Stadtteil Xochimilco:
Wo du Kunsthandwerk im Zentrum kaufen kannst:
Wenn es dir nicht möglich ist, die Kunsthandwerks-Dörfer außerhalb von Oaxaca Stadt zu besuchen, dann empfehle ich dir folgende Geschäfte bzw. Märkte zum Shoppen:
Nachhaltige, lokale Touranbieter, die Ausflüge zu und Workshops mit Kunsthandwerkern anbieten:
- Vamos o que? Tours mit Margaux
- Tlayudona
- Zapotrek
Diese und weitere Werkstätten findest du auch in meinen Oaxaca City Guide! Hol dir jetzt den Zugang zu meiner persönlichen Google Maps Liste und erkunde Oaxaca wie ein Local!
