Genau wie Tequila und Mezcal wird auch Pulque aus Agaven gewonnen. Allerdings tranken schon im 12. Jahrhundert die Azteken und andere mesoamerikanische Kulturen dieses nahrhafte Getränk. Tequila und Mezcal kamen erst viel später, mit der Eroberung der Spanier im 16. Jahrhundert, die die Technik der Destillation mitbrachten. Somit ist Pulque eines der ältesten Getränke der Menschheit.
Seit der Eroberung Mexikos durch die Spanier wurde das mexikanische Nationalgetränk aufgrund von Wirtschaftsinteressen systematisch bekämpft. Zunächst brachten die Europäer Wein und versuchten alles, diesen in Mexiko populär zu machen. Später war es die Bierindustrie, die mit viel Propaganda Pulque schließlich fast vollständig vom Markt verdrängte.
Heute erfährt Pulque aber endlich sein wohlverdientes Comeback….
Was ist Pulque?
Pulque gilt als traditionelles, mexikanisches Nationalgetränk und wird aus dem fermentierten Saft einer Agave gewonnen. Das alkoholische Gärgetränk enthält bis zu 8 Prozent Alkohol.
Pulque hat eine dickflüssige Konsistenz sowie eine milchig-trübe Färbung. Man kann ihn sowohl pur als auch als sogenannten “curado”, angereichert mit z.B. Ananas, Guave, Erdbeere oder auch Nüssen und verschiedenen Gemüsesorten, trinken. Zunächst mag der Geschmack etwas eigenartig sein, aber spätestens nach dem dritten Schluck ist man überzeugt. Denn es ist nicht nur der Geschmack, sondern auch das angenehme Gefühl, das dieses „lebendige“ Getränk im Magen hinterlässt, was den Pulque-Konsum zu einem ganz besonderen Erlebnis machen. Nach nur einem 1-Liter-Krug fühlt man sich auch schon satt, da Pulque extrem nahrhaft ist.
Getrunken wird es in sogenannten Pulquerias. Traditionelle Pulquerias sind Kneipen, in denen nur Pulque ausgeschenkt wird. Insbesondere bei älteren Rancheros vom Land sind diese Lokale besonders beliebt.
Wie wird Pulque hergestellt?
Pulque wird aus einer bestimmten Agavensorte gewonnen, in der Regel aus der Agave salmiana. In den südlicheren Gebieten Mexikos, wie in Oaxaca zum Beispiel, wird teilweise auch die Agave americana zur Pulqueherstellung verwendet.
Die Agave muss dabei mindestens sechs Jahre alt sein, damit sie den süßen Pflanzensaft, aus dem Pulque besteht, abgeben kann. Sobald sie alt genug ist, wird ein Teil des Gehäuses aus der Agave geschnitten, damit der dicke, süße Pflanzensaft (aguamiel) im Inneren der Agave gesammelt werden kann. Ein sogenannter Tlachiquero (Arbeiter) ritzt die Pflanze zweimal täglich für ganze sechs Monate an, damit das aguamiel (Honigwasser) die Blätter hinunter rinnt. Täglich fließen so vier bis acht Liter Pflanzensaft in die Höhlung.
Ist genug aguamiel gesammelt, wird es in spezielle Plastikgefäße gefüllt und vergoren. Einige Tlachiqueros schütten das aguamiel auch in tiefe Gruben. Schon nach nur 12 bis 20 Stunden ist der Saft durchgegoren und kann vom Land in die Städte transportiert werden. Der Gärungsprozess wird nicht, wie beim Bier, durch Hefe bewirkt, sondern durch das natürlich vorkommende Bakterium Zymomonas mobilis. Innerhalb nur einer Woche nach der Fermentierung muss Pulque konsumiert werden, denn er wird schnell sauer und ungenießbar.
Angebaut und konsumiert wird das „Getränk der Götter“ vor allem in Zentralmexiko, in den Bundestaaten Mexiko-Stadt, Mexiko, Guanajuato, Guerrero, Hidalgo, Michoacán, Morelos, Oaxaca, Puebla, Querétaro, San Luis Potosí, Jalisco, Tlaxcala und Veracruz.
Warum ist Pulque so gesund?
Pulque enthält jede Menge Proteine, Kohlenhydrate, Vitamine, Milchsäurebakterien und andere Probiotika. Insbesondere die Vielzahl an Mikroorganismen und Enzymen, die bei der Fermentation entstehen, sind sehr gut für den Magen. Sie harmonisieren die Darmflora und stärken damit das Immunsystem.
Es ist ein lebendiges Getränk, was im Magen weiter gährt. Die bioaktiven Substanzen in der frischen Pulque wirken antioxidativ, immunstimulierend und gerinnungshemmend. So beugen sie Krankheiten vor, vitalisieren und beleben.
Nach traditioneller, mexikanischer Medizin wird Pulque bei Störungen des Magen-Darm-Trakts, Appetitlosigkeit, allgemeiner Kraftlosigkeit und bei bestimmten Nierenbeschwerden eingesetzt. Er wird sogar stillenden Frauen empfohlen, um die Milchproduktion und die Qualität der Muttermilch zu fördern.
Unter der ärmeren Landbevölkerung gilt Pulque seit jeher außerdem als eine Art Nahrungsersatz, mit dem sich der Hunger stillen lässt. Auf dieser Eigenschaft basiert auch das populäre Sprichwort: „Sólo le falta un grado para ser carne“ (Ihm fehlt nur ein Grad, um Fleisch zu sein). Schon die Azteken nutzten das alkoholhaltige Gärgetränk, um ihren Nährstoffbedarf in harten Zeiten von Trockenperioden und der damit ausbleibenden Maisernte decken zu können. Da die Agave robuster ist als Mais, hält sie Trockenperioden und Wassermangel leichter stand.
Warum ist das Image angeschlagen?
Mit der Ankunft europäischer Einwanderer im 20. Jahrhundert nahm der Pulque-Konsum sichtlich ab. Bier stellte Pulque in den Schatten. Es bekam das Image eines minderwertigen Arme-Leute-Getränks, was in schmutzigen Ecken von Amateuren gebraut wird.
Auch heute noch glaubt ein Großteil der Mexikaner/innen, dass zum Beschleunigen des Gärungsprozesses Tier- oder sogar Menschen-Exkremente zugefügt werden und Pulque daher “schmutzig” ist. Dieses Gerücht stammt einst von den Bierbrauern, denen die Popularität von Pulque ein Dorn im Auge war….
Viele der versteckten Pulquerias, abseits der (wenigen) hippen Touristenlokale im Stadtzentrum, sind auch heute noch etwas verrucht und erinnern an die typische Eckkneipe in den Seitenstraßen der Hamburger Reeperbahn.
Insgesamt erlebt das traditionelle Aztekengetränk aber durchaus ein Comeback. Nicht nur unter Touristen ist Pulque sehr beliebt, auch die junge Hipstercrowd in Mexico City entdeckt Pulque wieder. Das Image mag sich immer wieder ändern, doch Qualität bleibt, und setzt sich am Ende durch…
Du willst Pulque selbst probieren? Dann musst du dich auf den Weg nach Mexiko machen, denn aufgrund des Gärungsprozesses kann Pulque nicht exportiert werden. Da das Getränk quasi noch lebt, wenn du es trinkst, kann es nicht in Dosen oder Flaschen abgefüllt werden (ja, es gibt auch in Deutschland Pulque in Dosen zu kaufen, aber mit der echten Pulque hat das nicht viel zu tun). Für den Kapitalismus also völlig unattraktiv und deshalb so besonders…
Salud!
Meine Quellen:
Mexikanischer Pulque ist das Original unter den Energy Drinks (vice.com)
Pulque – die fermentierte Revolution (diepresse.com)
Pulque (es.wikipedia.org)