Und was sagt Mutti dazu? – Part 2
Nachdem meine Mutter mich hier in Mexiko für 3 Wochen besucht hat, um bei der Hochzeit dabei sein zu können, habe ich sie gebeten, ihre Eindrücke und Gedanken zum Land und meiner Auswanderung niederzuschreiben. Hier das Ergebnis:
Ich wurde oft gefragt, wie ich die Ausreise meiner Tochter verarbeite.
Da ich nun alleine lebe, werde ich immer wieder gefragt, wie ich die Auswanderung meiner Tochter verkrafte, insbesondere weil wir uns beide sehr gut verstehen.
Ehrlich gesagt war ich geschockt und wirklich sauer, als mir Katrin von ihren Plänen erzählte. Warum ausgerechnet Mexiko, wen möchte sie heiraten?
Im Januar 2017 war Cesar zu Besuch in Deutschland und wir trafen uns für 2 Tage im Harz damit ich ihn kennenlerne.
“Ich hatte keine Lust dazu, schließlich war er auch ein Grund fürs Auswandern.”
Aber er machte einen super Eindruck, wir haben uns wirklich gut verstanden. Katrin agierte als Dolmetscher und so konnte ich viele Fragen zum gesellschaftlichen Leben, Bildung, Kultur, usw. los werden. Mir wurde klar, dass sich die beiden „gesucht und gefunden” haben und ich von Mexiko zu wenig wusste, um mir ein Urteil zu bilden.

Seit diesem Treffen war ich beruhigt und versuchte Katrin zu unterstützen soweit es möglich war.
Ich habe ihre Höhen und Tiefen zum Teil miterlebt, es war für sie nicht einfach, alles aufzugeben. Es musste viel organisiert werden, bei allen möglichen Ämtern hat sie mich als Ansprechpartner angegeben, was sich im Nachhinein als sehr positiv darstellte.
Der Abschied am Flughafen war zu ertragen.
Am 8. September wurde es dann ernst und ich habe sie zum Flughafen nach Frankfurt gebracht, um sie dort zu verabschieden. Da ich sie im Oktober in Mexiko wiedersehen sollte, war der Abschied nicht so tragisch.
Am 8. Oktober flog ich nach Mexiko-Stadt.
Die beiden haben mich dort am Flughafen abgeholt. Sie leben in der Stadt Querétaro und haben dort am Stadtrand ein kleines Haus gemietet. Vor der Hochzeit am 14. Oktober gab es noch recht viel zu tun. Behördentermine, Einkäufe, Absprachen mit dem Hotel, in dem die Feier stattfinden sollte, Friseur, Probeschminken, usw. Ich bin fast überall mitgezogen und war jeden Tag mehr beeindruckt. Die Menschen sind sehr freundlich, nie hektisch.
“Das Dienstleistungsangebot ist umwerfend.”
Schon im Flughafen muss man den Koffer nicht selbst vom Band zerren, beim Tanken kann man im Auto sitzen bleiben, im Supermarkt wird der Einkauf an der Kasse in Tüten gepackt, in Gemüseläden werden sogar die Zwiebeln geschält. Der Service ist umwerfend und betrifft alle Bereiche.
“Ich war da auch allein unterwegs und habe mich immer sicher gefühlt.”
Querétaro ist eine wunderschöne Stadt und wird in jedem Reiseführer erwähnt. Die Altstadt ist ein Traum. Ich war da auch allein unterwegs und habe mich immer sicher gefühlt.




Die Hochzeit von Cesar und Katrin war natürlich der Höhepunkt.
Mit ihr bin ich schon einen Tag vorher ins Hotel gezogen, der Samstag wurde dann richtig aufregend. Brautstrauß besorgen, Schminken, Wodka mit ihren beiden deutschen Freunden trinken zur Beruhigung (sie sind extra angereist), sich einkleiden.
“Cesar im hellen Anzug, Katrin im weißen Kleid – ein Traumpaar.”
18.00 Uhr war die Trauung auf der Hotelterrasse. Cesar im hellen Anzug, Katrin im weißen Kleid – ein Traumpaar. Die Standesbeamte sprach teils Englisch, teils Spanisch, eine Freundin übersetzte ins Deutsche.

Die Ringe wurden übergeben, die Heiratsurkunde unterschrieben und mit dem Daumenabdruck der beiden besiegelt. So schnell wird man Schwiegermutter. Das Hotelpersonal hat sich um alles liebevoll und mit Hingabe gekümmert, es gab ein „süßes“ Buffet, ein gekochtes Menü, die Bar war eröffnet, alles war perfekt. Man sprach Englisch, Deutsch und Spanisch, es wurde sehr viel gelacht.
“Es war eine gelungene Hochzeit.”
Cesars Familie habe ich natürlich auch kennengelernt, sehr liebe und herzliche Menschen. Es war eine gelungene Hochzeit.

Mitternacht verließen die beiden das Hotel um die nächsten Tage in einem Naturreservat zu verbringen. Die Hochzeitsgäste frühstückten am nächsten Morgen gemeinsam, dank eines Übersetzungsprogramms war auch eine holprige Unterhaltung möglich. Katrins Freunde blieben noch bis Montag, alle anderen Gäste fuhren wieder nach Hause.
Cesar hatte für mich einen deutsch sprechenden Reiseleiter für einen Tag gebucht.
Die Touristenformation in Queretaro konnte in Bezug auf deutschsprachige Touren leider nicht weiterhelfen, deshalb musste Cesar das organisieren. Mit 200 Euro war dieser Tag nicht gerade ein Schnäppchen, aber wirklich sehr informativ.
Ich erfuhr viel über die Geschichte der Stadt und wir besuchten auch den Ort San Miguel de Allende. Dort ist es wunderschön, alte Häuser, schöne Gassen, viele Kirchen und wir waren typisch mexikanisch Essen. So ganz nebenbei ist diese Stadt aber auch ein wahres Shopping-Erlebnis. Ich war einige Tage zuvor schon mit Katrin dort und wir konnten dem Angebot nicht wiederstehen.
In Queretaro besuchte ich verschiedene Museen, war bei einer Andacht in der Kirche, habe an einer Klosterführung teilgenommen oder saß einfach nur im Café und beobachtete die Leute.

Die wenigen gemeinsamen Tage nutzen wir für eine Fahrt nach Real de Catorce.
Nachdem Katrin und Cesar ganz begeistert von ihrem Kurzurlaub aus die Sierra Gorda zurück kamen, ging es weiter nach Real de Catorce, ca. 5 Autostunden von Querétaro entfernt. Dies ist eine ehemals verlassen Stadt die von den Spaniern gebaut wurde. Zu erreichen ist sie durch einen 200m langen Tunnel.
“Wer Action braucht, sollte eine Jeep-Safari buchen.”
Die Jeep-Tour führt auf schmalen Wegen in ein Tal, rechts hohe Felsen, links tiefe Schluchten. Wir sahen den Güterzug „Die Bestie“, machten einen Abstecher in die Wüste und sahen uns eine verlassene Silbermine an. Das war ein Tag, den man so in Deutschland nie erleben wird.
Natürlich haben wir uns auch die Pyramiden in Teotihuacán angesehen.
Dort sind wir auf die Sonnenpyramide und auf die Mondpyramide geklettert und haben „positive Energie“ empfangen. Das waren meine ersten Pyramiden, die ich live erlebte, sehr beeindruckend.

Die letzten beide Tage vor Abflug fuhr ich mit Katrin nach Mexiko-Stadt.
Da Cesar arbeiten musste, fuhr ich alleine mit Katrin mit einem Reisebus nach Mexiko-Stadt. Wir hatten in einem „sicheren“ Viertel, in La Roma, ein Zimmer in einer bezaubernden Villa gebucht. Mexiko-Stadt ist riesig, laut und hektisch, hat aber auch seinen Charme.
Um diese Stadt kennenzulernen, braucht man Zeit und einen Stadtführer. Ich fühlte mich nicht so gut, deshalb waren unsere Unternehmungen eingeschränkt.
Vor dem Abflug trafen wir uns nochmal mit Cesars Familie, die in Mexiko-Stadt wohnen, am Flughafen.
Kurz vor meinem Abflug trafen wir uns nochmals mit Cesars Familie im Flughafenrestaurant. Sie zeigten mir eine App für Erdbebenwarnung, die jeder auf dem Handy hat. Die Bilder von eingestürzten Gebäuden und aufgerissenen Straßen durch das letzte Erdbeben waren erschütternd. Der Abschied von Cesars Familie war herzlich, der Abschied von Katrin kostete Tränen. Sie ist zwar nicht unerreichbar, aber doch weit weg.

Eigentlich glaubte ich, nach dem Urlaub beurteilen zu können, ob Katrins Auswanderung richtig oder falsch ist.
Also ehrlich gesagt, so schwarz/weiß sehen kann man es nicht.
“Für mich ist Mexiko ein krasses Land voller Gegensätze.”
Sichere und unsichere Gebiete, überall Internetangebot, das vom Normalbürger aber kaum genutzt wird (kein Internetbanking, bei Fahrkartenbuchungen wird dann doch alles ausgedruckt und gestempelt).

Dieses Land hat so viel an Landschaft und Kultur zu bieten, aber eine Kosmetikerin erzählte, dass sie bisher nur 2 mal in ihrem Leben weggefahren ist.
“An Konsumgütern gibt es alles, doch das normale Durchschnittseinkommen ist gering.”
Trotz des geringen Einkommens wirken die Menschen ausgeglichen und zufrieden. Diese deutsche überbordende Bürokratie gibt es hier nicht.
Mit Verständnis und Intelligenz kann man hier viel bewegen. Wenn es allerdings schief geht, kann man auch in ein tiefes Loch ohne sozialem Netz fallen. Alles ist hier möglich.
Cesar und Katrin haben eine gute Ausbildung, sprechen mehrere Sprachen und haben einen tollen Freundeskreis. Es sind die besten Voraussetzungen, um sich in Mexiko ein Leben nach eigenen Vorstellungen aufzubauen. Wenn alles schief geht, können sie auch nach Deutschland zurück kommen, aber dann haben sie es wenigstens probiert.
“Dank Internet bleiben wir ständig in Verbindung.”
Außerdem hat es auch mir viele neue Erfahrungen gebracht, bisherige Ansichten geändert und ich habe Mexiko als ein aufregendes Reiseziel entdeckt.

Letztendlich kann ich mich mit Katrins Entscheidung arrangieren, aber ein Land mit weniger Entfernung wäre mir trotzdem lieber.